ERICH HECKEL (1883 Döbeln - 1970 Radolfzell)

Detail

Beim Vorlesen
Holzschnitt auf Bütten. 1914.
30 x 20 cm (51,4 x 35,7 cm).
Signiert „Erich Heckel“.
Dube H 272, Ebner/Gabelmann 629 H/A.

Aussagekräftiger früher Handdruck des Künstlers in sattem Schwarz. Außerhalb der Auflage. Strahlenbekränzt überm Weltenrund: Aus dem Tiefschwarz explodiert ein Feuerwerk furios geschnitzten Lichts. Zwei Personen – Sidi, die Verlobte des Künstlers und der gemeinsame Freund Walter Kaesbach – schälen sich geisterhaft aus dem Dunkel, die hell erleuchteten Gesichter gedankenvoll in tiefe Falten gelegt. Die enge Beziehung der Dargestellten wird durch den Schulter an Schulter platzierten körperlichen Gleichklang nach rechts schnell offenbar. Der promovierte Kunsthistoriker rezitiert aus einem Büchlein, während die Beisitzende entrückt lauscht. Die erhellende Wirkung des Gelesenen wird durch die an der Wand befindlichen Kerzenlüster verstärkt, deren abspreizender Schein die Häupter beider mit unheilvoll zuckenden Gloriolen umgibt. Wie eine übergrell besonnte Erdkugel wölbt sich der perspektivisch stark verrenkte Rundtisch über den Bildvordergrund und schafft eine, der politischen Lage des Jahres 1914 angemessene, beklemmende Enge.